Dienstag, 6. Januar 2015

Kyoto - Ein Tempel auf Stelzen und ein verliebter Hase - A Temple on Stilts and a Rabbit in Love

Kyoto im Herbst. Es ist 12:00 Uhr Mittag, und ich habe ungefähr 6 Stunden Zeit, bis mein Shinkansen mich nach Tokyo zurückbringt. Ich überlege, eine Stadtrundfahrt mit dem Bus zu machen. Natürlich mit englischen Erklärungen. Die Dame am Schalter aber weißt mein Ansinnen, in Kyoto Englisch zu hören, zurück und ist dabei leicht empört. Ich habe nichts anderes erwartet, darum bin ich nicht enttäuscht. Tagesordnungspunkt Nr.1 abgearbeitet in drei Minuten. Und immer noch sechs Stunden Zeit. Perfekt.
Versuche ich es mit dem Kyoto Tower. Vor zwei Jahren war er geschlossen und auch jetzt sieht es hier sehr unbelebt aus. Aber hier täuscht der äußere Anschein. Ein Fahrstuhl bringt mich zur Aussichtsplattform und ich habe einen guten Grund um Blick auf die Stadt. Kyoto eine alte Stadt? Mit Tempeln, Schreinen, alten Häusern, Gärten? Nö, gar nicht. Hochhäuser, Neubauten, Sportplätze, Autobahnen. Aber dort, das große Dach mit den Ziegeln, und dort drüben, ist das nicht das Schloss? Und dort, ein winziger Buddha, ist wahrscheinlich riesengroß, wenn man davor steht. Dort will ich hin.
Zurück zum Busbahnhof, mit der großen Karte und den englischen Erläuterungen, na bitte, geht doch, suche ich mir eine Buslinie, die in die Richtung fährt, in der ich den Buddha wähne. Im Bus gibt es Erklärungen, auch auf Englisch, zu den Stationen und Sehenswürdigkeiten, die gerade angefahren werden. An dieser Stelle noch einmal von mir den Stinkefinger für die Dame von der Sightseeingbusgesellschaft.
Nun steigen alle aus, ich auch. Um es kurz zu machen, den Buddha habe ich nicht gesehen. Aber dafür den Kiyomizu-dera, den Tempel des reinen Wassers und einen Shinto Schrein für Verliebte. Ich bin entzückt. Der Buddha wird ja nicht weggehen.
Der Tempel ist verhüllt, es ist das Jahr der Bauarbeiten in Japan, aber die Terrasse ist zugänglich. 13 Meter hoch, oder es geht 13 Meter nach unten, alles eine Frage der Perspektive. Früher, in der Edo Zeit, sagte man, wer von der Terrasse des Tempels springt, dem erfüllen sich alle seine Wünsche. Ungefähr 200 Personen sind gesprungen, 80 % davon haben überlebt, was der üppigen Vegatation unterhalb des Tempels zu verdanken ist. Heute ist es verboten, zu springen. Aber es gibt ein Sprichwort: „die Terrasse des Kiyomizu hinunterspringen" (清水の舞台から飛び降りる kiyomizu no butai kara tobioriru) bedeutet „sich zu einem Entschluss durchringen".
Die Tempeleigner haben übrigens das umliegende Land käuflich erworben, um zu verhindern, dass Hochhäuser gebaut werden. Vielleicht waren sie auch auf dem Kyoto Tower und haben gesehen, was ich gesehen habe.
Unterhalb des Tempels stürzt ein Wasserfall zu Tale. Er gab dem Tempel seinen Namen. Das Wasser wird über drei Rinnen geleitet, und kann mittels Schöpfkellen von den Besuchern aufgefangen und getrunken werden. Das verspricht ein langes Leben, Gesundheit, und Erfolg. Ich habe alles, so wie ich es brauche, darum muss ich mich nicht anstellen. Ich gehe darum ins nächste Caféhaus, und trinke einen Tee und esse Süßigkeiten.
Vor der großen Halle des Tempels sind eiserne Schuhe und schwere Standartenhalter ausgestellt, und die Besucher werden eingeladen, diese anzuheben zu versuchen. Als ich Bilder davon auf Facebook gepostet habe, wurde ich von vielen gefragt, ob es sich hierbei um Folterinstrumente handelt. Ich weiß es nicht, aber ich denke nein. Leider gab es hier keine englischen Erklärungen, die Olympischen Spiele 2020 sind eben doch noch sehr weit weg. Aber es ist ein buddhistischer Tempel, und ich habe noch nie von Folter im Namen Buddhas gehört. Meine Idee ist, dass das einen meditativen Zweck erfüllt, den Geist soweit zu befreien, dass man die irdischen Bürden nicht mehr spürt, obgleich man sie trägt. Aber, das ist nur meine Idee. Die Diskussion ist hiermit eröffnet.
Und auch hier gibt es wieder, wie an vielen anderen Orten in Japan, eine friedliche Koexistenz der Religionen. Das empfinde ich immer als sehr angenehm, vor allem in einer Zeit, wo in Deutschland Leute auf die Straße rennen, um ihrer Paranoia Ausdruck zu verleihen, das Land könnte von anderen Religionen vereinnahmt werden.
Auf dem Tempelgelände gibt es mehrere Shinto Schreine, einer davon, der Jishu-jinja ist dem Ōkuninushi-no-mikoto gewidmet, einem Liebesgott, der aussieht wie ein Hase. Und plötzlich wird die Welt pink und kichert. Hier gibt es zwei Liebessteine, 18 Meter voneinander entfernt, und wenn man von einem zum anderen mit geschlossenen Augen läuft, dann stößt man sich den Fuß, nein, falsch, dann verliebt man sich bald. Hat man dabei Hilfe von jemand anderem, hat man seinen Vermittler in die Liebesdingen gefunden. Und natürlich ist dieser Platz bevölkert von unzähligem Schul- und anderen Mädchen und jungen Frauen. Ladys, ich drücke euch die Daumen!
In meinem garstigen Momenten, und ich habe derer einige, denke ich, dass Kyoto das Bayern Japans ist. Hier ist man konsequent konservativ und traditionell. Das zeigt sich auch in der Bekleidung. Abgesehen davon, dass Besucher sich einen Kimono ausleihen können und als JapanerIn verkleidet die Stadt erkunden können, habe ich an noch keinen Ort so viele Menschen in traditioneller Kleidung gesehen. An einem gewöhnlichen Tag. Frauen mehr, aber auch Männer. Und dann hört Kyoto plötzlich auf Bayern zu sein, denn die Kimonos waren alle ausnahmslos wunderschön.























































Kyoto in fall. I got six hours until my Shinkansen will take me back to Tokyo. Let's try a sightseeing tour by bus, with English explanations, please. The lady at the counter rejects my request of some English in Kyoto and is a bit upset. I didn't expect anything, so I'm not disappointed. Point 1 at my agenda done in only three minutes and still six hours left, perfect.
Let's try Kyoto Tower. It was closed two years ago and looks a bit shut today too, but the appearance deceives and an elevator takes me to the platform and I have an overlook on the city. Kyoto an old town? Temples, shrines, old houses, gardens everywhere? No way! Skyscraper, new buildings, sports places, highways. But wait, over there, isn't that the top of a traditional roof, and there, that's the castle, isn't it? And there I spot a tiny Buddha statue, might be huge, if you are standing right in front of it. I want to go there.
Back to the bus terminal, with a huge city map and English writing on it, hey, it seems, it works, I'm choosing a bus line that goes in the direction the Buddha might be. At the bus is an explanation, even in English, telling every station and the places of interest there. And at this point my rised middle finger for the lady at the counter of the sightseeing bus company. I get off when, everyone else is doing it. To make it short, I didn't saw the Buddha. But I saw Kiyomizu-dera, the temple of the pure water and a shrine for people in love. I am excited. The Buddha won't go away, will it?
The temple is covered, it's the year of construction work in Japan, but the terraces is open. It's 13 meters high, or it goes down 13 meters, it's all a question of the point of view. In former times, at the Edo period, it was said, if you've jumped down the terrace, all your wishes will fulfill. About 200 people jumped and around 80% of them survived, because of the profuse vegetation down there. Today it's prohibited to jump, but there is a proverb: 'jumping down the terrace of Kiyomizu' (清水の舞台から飛び降りる kiyomizu no butai kara tobioriru) means 'making a decision, finally'.
The owner of the temple, by the way, bought the surrounding area to make sure, no one is building high buildings, maybe they went to Kyoto Tower and saw what I saw.
Downhill the terrace a waterfall is running down into the valley, it gave the temple it's name. The water is led through three lines and can be catch with scoops by the visitors to be drunken. It promise long life, health and success. I do have all the things I need in this world, so I don't have to line up. Instead I go for the next café and have some tea and sweets.
In front of the great hall of the temple are iron shoes and heavy guidon handles placed and the visitors are invited to rise them up. When I posted those pictures on Facebook, many people ask me, if those were torture instruments. I don't know, but I doubt it. Here we find again a lack of English explanations, the Olympic Games 2020 are still far away. At least it's a Buddhist temple, and I never heard of torture in the name of Buddha. I guess, there is a meditative purpose behind, free you mind that much, that the mundane burden don't mind even if you have to bear it. But that's only my idea. The discussion is open now.
And here too we find the peaceful coexistence of the religions, something I appreciate so much, especially in a time when in Germany peeps do run around the streets, expressing their paranoia that the country might be overrun by another religion.
There are some Shinto shrines at the area of the temple, and one, the Jishu-jinja is dedicated to Ōkuninushi-no-Mikoto, a love god, who looks like a rabbit. And suddenly the world turned pink and giggling. There are two love-stones here in 18 meters distance and if you walk from one to the other with eyes closed, you will hit your foot, no, false, you will fall in love soon. If you had assistance, you found your assistance in love issues. And of course the place is crowded with school and other girls and young women. Ladies, I wish you luck.
In my nasty moments, and I have a few of them, I think, Kyoto is the Bavaria of Japan, strictly conservative and traditional, even in their clothes. Beside the fact, that visitors can lend a kimono for a day and explore the city dressed as a Japanese, many locals wear kimono too. Never seen that in this way in other places, not on a normal day, women more, but men too. And here Kyoto stops being Bavaria, the kimonos were stunning beautiful, all of them.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen