Freitag, 13. Mai 2022

Stockholm 2021 - Eine Reise durch Raum und Zeit - Skansen - A Journey through space and time

 Immer noch Stockholm, immer noch Djurgården. Ich besuche Skansen, das erste (oder zweite) und älteste Freilichtmuseum der Welt. 1891 beschloss der Gründer des Nordirischen Museums, Artur Hazelius, eine Außenanlage zu gestalten, eine Art Erweiterung des Museums. Irgendwie wurde daraus etwas ganz Großes und nun können wir auf 300.000 qm durch ganz Schweden spazieren und das durch fünf Jahrhunderte.

Es entstand eine bunte und doch seltsam homogene Mischung aus Wohnhäusern, Werkstätten, Bauernhöfen, Kirchen und Freizeitstätten, sowie Ausstellungen und Gastronomie. Aber es ist nicht einfach ein großes Museum mit beschrifteten Exponaten, sondern Wohn- und Arbeitsplatz, wobei die Menschen natürlich nur während ihrer Arbeitszeit dort wohnen. 

Die Anlage ist hügelig und bewaldet und hinter dem Haupteingang führt eine sehr sehr lange Rolltreppe hinauf auf einPlateau und man gelangt in ein Handwerkerdorf, wo man Glasbläsern bei der Arbeit zuschauen kann und auch Glaskunst kaufen kann. Es gab noch viele andere Werkstätten, ich erinnere mich an Tischler-, Möbelbauer- und Wagnerwerkstätten, und eine Schmiede. Aber diese Stätten waren alle geschlossen, wir sind noch immer mitten in der Pandemie und viele Museen, Theater und Freizeiteinrichtungen erwachen gerade aus dem erzwungenen Winterschlaf. 

Geöffnet hat eine Eisenwarenhandlung aus den 30er Jahren und sie sieht exakt so aus wie einige Läden, die ich aus meiner Kindheit kenne, als wir meine Großmütter in kleinen thüringischen Städten besucht haben. Eine Verkaufstheke, die den ganzen Laden umläuft und dahinter Regale aus Holz mit zahlreichen Schubkästen in verschiedene Größen, beschriftet mit Pappschildern, die in kleinen Messingrahmen stecken. Und im Verkaufsraum jede Menge Haushaltsutensilien wie Töpfe und Kannen aus Emaille, Besen, Rechen, Schneeschieber und vieles mehr. Und auch hier kann man kaufen, Schrauben, Nägel, Werkzeug, Riegelschlösser und was man sonst so braucht im Haus. Der nette Herr im Laden wies mich daraufhin, dass die Besitzer in einem kleinen Haus hinter dem Laden wohnen und sich über Besuch freuen. 

Und dann erlebte ich eine völlig authentische Wohnung aus den 30er Jahren komplett mit Toilette, Kücheneinrichtung, Heizung (sehr modern), Wohnstube und Esszimmer, im oberen Stockwerk waren dann die Schlafräume. Die Dame des Hauses war beschäftigt mit dem Verfertigen von Weihnachtsdeko und wir haben uns lange unterhalten. Da wir vor einiger Zeit das Haus meiner verstorbenen Tante aufgelöst haben, habe ich einige Haushaltsgegenstände gesehen, die es auch bei ihr gegebnen hat und was die Einrichtung mit Möbel und anderen Gegenständen angeht, es gibt im Internet Seiten, die solche Artikel für viel Geld anbieten, weil es viele Liebhaber gibt, die bereit sind zu zahlen. Und zu Recht, die Wohnung hatte eine wunderbare Atmosphäre. 

Das Bakelittelefon kostet heute gern um die 100€ beim elektronischen Gebrauchtwarenhändler und ich habe gelernt, dass Stockholm zusammen mit Chicago die ersten Städte der Welt waren, die flächendeckend mit Telefonanschlüssen in Privathäusern versorgt worden. Ich muss etwas erstaunt ausgesehen haben, denn die Dame des Hauses lachte und meinte, Graham Bell mag das telefonieren erfunden haben, aber Ericsson aus Stockholm hat Telefonapparate in Serie hergestellt. Ja, stimmt ja, bevor ich vom Apfel abhängig wurde, hatte ich verschiedene mobile Handgeräte, und eines war ein Sony-Ericsson.

Ich habe auch erfahren, dass die Familie, die den Laden mit der Eisenwarenhandlung besaß, nicht lange in dem kleinen Haus wohnte. Mit ihrem Angebot waren sie die Könige im Ort,  Butter und Brot konnten viele Menschen selber erzeugen, aber der Eisenwarenhändler lieferte viele nützliche Werkzeuge für alles und alle. Die Familie war geschäftlich erfolgreich und geld-lich reich und bezog bald eine kleine Villa hier in der Nähe. Alles in alles eine Erfolgsgeschichte. Jemand ist durch der eigenen Hände Arbeit zu Wohlstand gelangt. Ich habe mich gefreut für die Familie, auch wenn sie wahrscheinlich schon nicht mehr leben.

Außerdem wurde mir empfohlen, mir die Weihnachtsbräuche bei den Bauernfamilien anzusehen und da muss ich mich schon fast sputen, denn gleich ist es dunkel und dann geht Skansen schlafen.

English version below 

Die Glasbläserei - The glass makers 

Verschiedene Werkstätten - Different Workshops 

Der Eisenwarenladen - The Hardware Store

Außerdem konnte man dort Benzin kaufen - you could also get petrol there





Andere kleine Läden, Wohnstuben und die Möbelbauerwerkstatt - Other shoppes, living rooms and the furniture maker store 

Still Stockholm, still Djurgården. I’m going to see Skansen, the first (or second) and oldest open air museum of the world. In 1891 the founder of the Nordic Museum, Artur Hazelius decided to add an outside part, like an annex, and somehow it turned into something much bigger and now we can stroll through 500 years of whole Sweden at about 300.000 sq m. 

In the end it became a mixture of various but homogeneous appearance out of living houses, workshops, farmhouses, churches and spare time facilities, plus exhibitions and catering. But it’s not like a big museum with labelled exhibits, it’s a place with living and working spaces for those that work and live here, of course in only regular working hours. 

The area is a bit hilly and woody and right behind the entrance area a long long escalator takes you to a plateau and to a kind of craftsman village where a glassmaking workshop shows how they produce those glassware that is sold in the attached shop. There are other workshops as well, like a carpenter, a furniture maker, a wainwright and a blacksmith, if I remember correctly. They are all closed currently, but we are still in the pandemic and many museums, theatres and leisure facilities are slowly coming back from hiatus. 

There was a hardware store open, it was from the 30s and looked like little shoppes I remember from my childhood time, when we visited my grandmothers in small Thuringia towns. A huge counter all along the shop and behind wooden shelves with numerous boxes in different sizes labelled with little cards hold by brass frames. In the space in the shop many household items like pots for cooking and water from enamel, brooms,  rakes, snow shovels and so much more. And of course you can buy stuff, bolts, nails, tools, locks and whatever you need in your house. The friendly clerk told me, the owners are living in a small house behind the shop and are welcoming visitors.

And then I found myself in an absolutely authentic 30s-apartment, with toilet and kitchen equipment, heating (quite modern), salon and dining room, the bed rooms were upstairs. The lady of the house was busy with crafting Christmas ornaments and we had a long chat. Since not that long ago we had to empty the house of my late aunt and I recognised some items I saw here, because she had had similar ones. And about the furniture, there are websites online offering stuff from this time and people are willing to pay a lot of money and I can see why, the apartment was enchanting.

The Bakelite telephone will cost now something like 100€ at the electronic second-hand trader and I learned that together with Chicago Stockholm was the first city to have an area-wide telephone connection in private homes. I must have looked stunned since the lady of the house was laughing a bit and said, that Graham Bell might be the inventor of the telephone but Ericsson from Stockholm was the one that produced all the gadgets. And of course, before I become addicted to apples I had various mobile devices and one was a Sony Ericsson.

I also learned, the family that owned the hardware shop did not live that long in the small house. With their business they have been kings at the place, many people could make bread and butter by themselves, but the hardware shop sold all the stuff they needed to do so. The family was successful and became rich and soon moved into a little villa nearby. A lovely story, someone got wealthy by their own hands work. I was happy for those people even if they now probably no longer here.

And I was told to learn about Christmas tradition of the farmer families and now I need to hurry because it will be dark soon and then Skansen will go to sleep. 



Mittwoch, 11. Mai 2022

Stockholm 2021 - Vasa Museum

 Auf der Insel Djurgården gibt es noch einige andere Museen, eines davon ist herausragend, das liegt an den drei Masten und der Takelage, die dem eines Segelschiffs nachgebaut sind. Das muss ich näher erforschen. Es ist das Vasa Museum. Gebaut für das Kriegsschiff Vasa. Die Geschichte ist schnell erzählt, das Schiff wurde gebaut, zu Wasser gelassen und sank, denn Wasser hat keine Balken. Ende der Geschichte. 

Allerdings habe ich gerade Leute besucht, die mit wesentlich kleineren Schiffen bis nach Amerika gesegelt sind; vielleicht ist die Geschichte doch etwas vielschichtiger. Schauen wir mal genauer hin.

Die Vasa war ein Kriegsschiff, das der schwedische König Gustav II. Adolf von Schweden bauen ließ, um damit erfolgreich in den 30jährigen Krieg eingreifen zu können, seine Verwandtschaft, mit der er sich um die Vorherrschaft im Ostseeraum stritt, zu beeindrucken und generell damit zu protzen. Und genau das war das Problem des Schiffes, wenn ein Angeber dem Ingenieur sagt, was getan werden wird, führt das oftmals nicht zum erwünschten Ergebnis. Das Schiff hatte zu wenig Tiefgang für seine Größe, führte zu viele Kanonen mit für seinen geringen Tiefgang. Es wurde am 10. August 1628 in Dienst gestellt, verließ die Werft, machte einen kurzen Umweg am königlichen Schloss vorbei und schwamm dann noch 1300 Meter weit, bekam Schlagseite und sank. 

Damit ist die Geschichte des Schiffes erzählt, aber nicht die Geschichte der Bergung. Bereits nach dem die Vasa gesunken war, bemühten sich Taucher um Lizenzen, um das Schiff heben zu dürfen, einige konnten zahlreiche Kanonen bergen, aber nicht den Schiffskörper. Die Masten, die an der Wasseroberfläche zu sehen waren, wurden irgendwann gekappt und das Schiff verschwand aus dem Bewusstsein der Leute. 

Es sollte 330 Jahre dauern, bis wieder jemand nach der Vasa suchte. Anders Franzén, Meeresarchäologe, fand das Wrack 1956 nach rund fünfjähriger Suche. Und er fand es gut erhalten, konserviert im schwefelhaltigen Brackwasser des Stockholmer Hafens. Die endgültige Hebung erfolgte 1961, und nun begann der lange Weg der Konservierung. 

Viele Gegenstände und Skelette, die im Wrack gefunden wurden, sind heute im Vasa Museum ausgestellt und erzählen vom Alltag der Menschen im frühen 17. Jahrhundert, von ihrer Arbeitsweise, ihrer Kleidung, selbst welche Nahrung sie zu sich genommen haben, kann anhand der Gebisse erkannt werden, wir wissen, welche Verletzungen sie sich wobei zugezogen haben, wie alt sie waren, wieviel Geld sie verdient haben und bei einigen, welche Funktion sie an Bord gehabt hatten, als es noch ein an Bord gab. 

Und wir lernen, wie das Schiff gebaut wurden, wie die Holzfäller und Zimmerleute aus großen Eichen ein großes Schiff gebaut haben, wie die Ausstattung war, die Segel, die Takelage, die Bemalung. Die Bemalung ist für uns heute vermutlich das eindrucksvollste am ganzen Schiff. Zahlreiche Figuren in schreiend bunten Farben sollten die Gegner beeindrucken und verhöhnen, eine wilde Mischung aus biblischen Figuren, Gestalten aus der griechischen Mythologie und Wappen verziert das ganze Schiff und lässt es eher an einen Karnevalswagen als an ein ernst zu nehmendes militärisches Gerät denken, hatte ich schon geschrieben über unfähige Angeber? 

Der Untergang und die Restaurierung der Vasa ist für uns heute ein fabelhaftes, großartig illustriertes Geschichtsbuch und sehr gefallen hat mir, dass das Museum den Menschen, für die die Vasa zum Grab geworden ist, ein Gesicht und eine Geschichte gegeben hat. Außerdem gab es einen großen Abschnitt der sich mit Frauen beschäftigte, die mit der Vasa zu tun hatten, als Hafenmeisterin, das Händlerin, als Arbeiterin auf dem Schiff. Als die Vasa gesunken ist, befanden sich unter dem 30 bis 50 Menschen, die ertranken auch zwei Frauen. 

Das Museum ermöglicht auf sieben Ebenen einen Einblick in den Schiffskörper und seine Ausstattung, es gibt viele Modelle von Alltag auf solch großen Kriegsschiffen, es zeigt Mobiliar, Geschirr, Schuhwerk, Kleidung, die aus dem Wrack geborgen worden.

Und hinter dem Museum gibt es ein Mahnmal für ein noch größeres Schiffsunglück jüngster Zeit. Beim Untergang des Fährschiffs Estonia im Jahr 1994 überlebten nur 137 Menschen von über 900 Passagieren und Crewmitgliedern. Das Mahnmal befindet sich auf einem kleinen Friedhof, von dem aus man die Masten der Vasa im Museum sehen kann. 

English version below













































































At Djurgården island are many museums located and one is outstanding, that’s because three masts are standing out of the roof, with rigging and everything like a big sailing ship. I need to investigate that. It’s the Vasa Museum. Build for the battle ship Vasa. The story of the ship is quite short, it was constructed, it’s was launched, it sunk, since not everyone can walk on water and that’s it. 

But since I just visited people that reached a different continent with way smaller boats, the story might have more layers than it seems on first sight. Let’s find out. 

The Vasa was a vessel that was let build by Swedish King Gustav II. Adolf of Sweden, he needed it to interfere at the 30-years-war, to impress his relatives with whom he was fighting over the reign in the Baltic Sea area and to pose with the ship in general. And exactly that was the problem and the doom. When a poser tells the engineer how the work has to be done, it often won’t lead to the expected results. The ship was too big for its draft and carried too many canons for the low draft. The ship was put into service at August 10th 1628, left the dockyards, made a little detour along the royal castle, went on for about 1300 meters, developed list and sunk. 

That’s for the story of the ship, and now the story of the extrication. Short time after the vessel hit the ground divers did ask for licenses to lift up the wreck. Some brought back quite a few canons but couldn’t get the ship back to shore. The three masts that are still to be seen on the surface have been cut off later and so the Vasa vanished out of sight and out of mind of the people.

It took 330 years until someone made a new attempt to find the Vasa. Anders Franzén, a marine archaeologist did found the wreck in 1956 after a search of five years. And it turned out it was well preserved in the sulphurous brackish water of the Stockholm port. The final lifting took place in 1961 and now the long way of conservation started. 

Many items and skeletons that have been found in the wreck are displayed in the museum now and telling us stories about the everyday lives of those people in the early 17th century, their work, their clothing, even their diet, it can be detected by checking their teeth. Now we know what injuries they survived and which have been connected with the sinking of the ship, what they earned and what their functions have been on board, as long as there was an on-board. 

And we learn about shipbuilding, how the timbers where made of huge oak trees, how the lumberjacks and carpenters worked, about the equipment, riggings, the sails, the painting. The painting might be the most impressive part of the ship nowadays. Numerous figures garishly coloured should impress and mock the enemies, a weird mixture of biblical creatures, Greek mythological figures and crests makes the whole thing looks more like a carnival wagon than a to be taken serious military device. Did I already spoke about incompetent posers? 

The sinking, extrication and conservation of the Vasa is a gorgeous, stunning illustrated history book to us and what I liked most, that the museum gave those people for whom the Vasa became a wet grave a face and a story. Plus there was a huge part only dedicated to women that have been involved with the Vasa, as a port mistress, as tradeswomen, female workers at the vessel. As the ship sunk there have been two women amongst the 30 to 50 people that drowned. 

The museum give on seven levels an insight into the hulk and it’s interior, there are models showing the everyday life on a battle ship, there are cooking ware and dishes, shoes, clothes, furnitures that had been saved from the wreck.

And behind the museum is a memorial for the victims of a way bigger nautical catastrophe from our time. The sinking of the ferry boat Estonia in 1994, where only 137 people out of 900 survived. The memorial is at a small cemetery from which one can spot the masts of the Vasa.